EIN LEIDENSCHAFTLICHER REITER – Dr. jur. Heinz Muschel feierte seinen 85. Geburtstag

Es ist fast schon alles gesagt: Wer sich dem Reiten verschrieben hat, muss Tierliebe mitbringen und zu Tierpflege bereit sein. Er muss hoch zu Ross kühnen Mut, Kraft, Ausdauer, Vertrauen und Disziplin beweisen und sich allen Wetterlagen aussetzen. Aber er wird versöhnt durch Frühtau und Sonnenuntergang, ein herrliches Landschaftspanorama, körperliche Betätigung, und er kann im Kontakt mit der Kreatur Lebensfreude schöpfen. Wer so mit sich selbst im Reinen ist, kann sich mit Disziplin und Souveränität den Herausforderungen des Alltags stellen und Verantwortung übernehmen.

Dr. Heinz Muschel ist am 27. Januar 1931 geboren, hat also bis zu seinem14. Lebensjahr den 2. Weltkrieg und die Irrungen des damaligen Systems, aber auch das Nachkriegselend bewusst erlebt. Er hat eine Ausbildung als Notar und das Studium der Rechtswissenschaft mit 1. und 2. Staatsexamen und Promotion durchlaufen, also den disziplinierten Umgang mit schwierigster Materie. Notar zu sein heißt mit Akkuratesse bis hin zur Führung von Notariatsakten einem Auftrag des Gesetzes gerecht zu werden, das zur Sicherheit des Rechtsverkehrs die notarielle Beurkundung als höchste Formerfordernis verlangt. Die Ausbildung und Tätigkeit des Juristen erweitert mit dogmatischem Hintergrund die Gesetzes- und Rechtskunde auf allen Feldern unseres menschlichen Zusammenlebens. Er widmete seine Promotion einem rechtshistorischen Thema, was den Horizont für die Geschichte des früheren Rechts und für das gesellschaftliche Leben erweitert und bis hin zur Geschichte des Staatsrechts und der Rechtsphilosophie führt.

Mit all diesen Fähigkeiten ausgestattet, gelang Dr. Heinz Muschel im Berufsleben sehr früh der Sprung in eine verantwortliche Position als Abteilungsleiter für Recht, Personal und allgemeine Verwaltungsangelegenheiten der Landesversicherungsanstalt Württemberg in Stuttgart. Ein weiterer Sprung blieb nicht aus, als er Erster Direktor dieser Körperschaft mit etwa 2.000 Mitarbeitern und einigen Kurkliniken wurde. Die Verantwortung der damals für die Alterssicherung der Arbeiter zuständigen Anstalt war eine ungemein wichtige sozialpolitische Herausforderung. Die Landesversicherungsanstalt Württemberg hatte nach dem Land Baden-Württemberg mit weit über 10 Mrd. DM den zweitgrößten Haushalt im Land.

Sozialpolitisches Engagement entfaltete Dr. Heinz Muschel auch mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, der er sich mit viel Zeitaufwand, aber auch Freude verschrieb und die ihm mit seinen Erfahrungen auf den Leib geschnitten war. So war er lange Jahre im Bundeskuratorium und im Landeskuratorium des Internationalen Bunds (IB) in Stuttgart und in Frankfurt aktiv tätig. Dieser Verein mit heute über 10.000 Mitarbeitern hat sich viele Felder der Sozialpolitik zur Aufgabe gemacht – angefangen von Eingliederungsmaßnahmen für schwer vermittelbare Arbeitnehmer, meist Jugendliche, dem Betrieb von Kindergärten und Kindertagesstätten sowie der Unterhaltung von Altenhilfeeinrichtungen bis hin zu Bildungsmaßnahmen, wie beruflichen Gymnasien und einer Hochschule in Berlin und Schulen für Krankenpflege und medizinische Fachberufe. Für einen hochrangigen Schwaben – wie Dr. Heinz Muschel – erschien es fast eine Verpflichtung,sich dieser ehrenamtlichen Tätigkeit zu verschreiben, da die Gründung dieser Organisation auf Carlo Schmid in den ersten Nachkriegsjahren zur Eingliederung junger Flüchtlinge im Raum Tübingen zurückzuführen ist.

Wer so mit besten charakterlichen Eigenschaften und kenntnisreichen Lebenserfahrungen ausgestattet ist, den durfte sich die Hans Rehn Stiftung durch die Berufung als Mitglied ihres Vorstands nicht entgehen lassen. Dr. Heinz Muschel war ein Gewinn für dieses Gremium. Als er geschäftsführendes Vorstandsmitglied wurde, manövrierte er die Stiftung stets auf sicherem Weg. Natürlich ist es eine besondere Aufgabe, mit dem hinterlassenen Vermögen des Stifters gut umzugehen, um dem Stifterwillen gerecht zu werden, nämlich der Förderung älterer Menschen in Stuttgart, vor allem des Hans Rehn Stifts. Im Spannungsfeld zwischen Vermögenserhalt und Ertragssicherung für Fördermaßnahmen ist viel Augenmaß verlangt und im Umgang mit den Vorstandsmitgliedern Teamgeist und Überzeugungskraft. Im Verhältnis zu den wichtigen Repräsentanten der Landeshauptstadt Stuttgart bedarf es Fingerspitzengefühl und Kooperationsbereitschaft. Auf dieser Grundlage ist es Dr. Heinz Muschel auch gelungen, gemeinsam mit dem Stiftungsvorstand das Hans Rehn Stift in das Eigentum der Stadt zu überführen, nachdem das Stift zuvor mit Erbpacht auf städtischem Gelände errichtet und die ganze Zeit über von der Stadt als Betriebsträgerin gemanagt worden war.

Vor zwei Jahren zog sich Dr. Heinz Muschel aus der Geschäftsführung auf eigenen Wunsch zurück. Er ist jedoch weiterhin mit Elan im Vorstand vertreten, nicht zuletzt, weil er sich dem Wohl der Bewohner des Hans Rehn Stifts verpflichtet fühlt. Deshalb richtet sich unser Augenmerk darauf, Herrn Dr. Muschel unseren großen Dank auszusprechen. Wir freuen uns, dass er noch rüstig auch bei geselligen Veranstaltungen unter uns ist. Aufrichtig wünschen wir ihm besonders Gesundheit, um das, was ihm am Herzen liegt, fortsetzen zu können: zum Beispiel seine Aufenthalte im Allgäu oder auf Sylt und vieles mehr. Seine Enkel, für die er seit vielen Jahren „Fahrdienste“ von Remshalden aus nach Stuttgart, oft zweimal am Tag, leistet, werden sich hoffentlich noch lange mit ihm freuen können. Sie können Vieles von Ihrem Großvater über diese Welt erfahren und können spüren, was es auf sich hat, sich mit Gelassenheit und Freude zugleich einer „Rasselbande“ zu widmen.

Autor: Dr. Ulrich Neth: Ein leidenschaftlicher Reiter – Dr. jur. Heinz Muschel feierte seinen 85. Geburtstag, Rehn-Magazin, 2-16, S. 40

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